Im europäischen Vergleich ist die deutsche Bahnreform von 1994 das Musterbeispiel “vorauseilenden Gehorsams”. Während in anderen EU-Staaten, z. B. Frankreich und Polen, die Staatsbahnmonopole gehegt wurden, verzeichnete man in Deutschland eine immer buntere Bahnlandschaft.

Neue Fahrzeuge und Stationen, Taktverkehre und zahlreiche Tarifangebote brachten insbesonders im Regionalverkehr den gewünschten Wettbewerb voran. Auch im Güterfernverkehr gibt es einen echten Wettbewerb unter den Verkehrsunternehmen, was sich bei den Güterkunden der Bahnen deutlich bemerkbar machte. Doch – die Bahnreform ist allenfalls ein “Gesellenstück”. Bei der Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Bahnreform und die in den letzten 20 Jahren ständig veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen ist ein Flickenteppich sich widersprechender Eisenbahngesetze und somit ein Dorado der Verwaltungsjustiz entstanden.

Die verfassungsrechtliche Daseinsvorsorge für den Regionalverkehr ging auf die Länder über; und die für den Fernverkehr blieb auf der “Strecke”. Die DB wurde zur Behörde die als Wirtschaftsunternehmen arbeitet. Und, auf diesen betriebswirtschaftlichen Belangen eines einzigen Unternehmens wird festgelegt, wo in Deutschland noch Fernzüge fahren. So kam es mit dem “Aus” des InterRegio zur Abschaffung des “Mittleren Fernverkehrs” schlechthin. Die meisten Oberzentren in Deutschland sowie zahlreiche Großstädte haben heute keinen Fernverkehr mehr. Mit der ständigen Kanibalisierung des Regionalisierungsgesetzes und der damit einhergehenden Zweckentfremdung der Mittel für den Regionalverkehr wurden die Aufgaben des “Mittleren Fernverkehrs” auf den Regionalverkehr und somit auf die Länder verlagert. Dies führte auch zur Ausdünnung des Regionalnetzes und zu Streckenstilllegungen.

Mehr als 500 Strecken mit über 15.000 km Länge wurden seit Beginn der Bahnreform stillgelegt. Gemeinsame Betrachtungen von Personen- und Güterverkehrsbelangen blieben meist aus. Mit der Einführung der LKW-Maut auf Autobahnen drangen einige Gutarten auf die Schiene zurück, wie z. B. Holz, Flüssigstoffe und Schüttgüter. In Ermangelung noch nutzbarer Bahninfrastruktur blieben die Güter dann doch auf der Straße.

Im Gegensatz zur DB als Netzbetreiber, erhalten nichtbundeseigene Eisenbahnen keinerlei Förderung zur Vorhaltung der jederman zugänglichen öffentlichen Eisenbahninfrastruktur. Eine staatlich geduldete Wettbewerbsverzerrung, während die Regulierungsbehörde die Gleichbehandlung aller Verkehrsunternehmen auf allen Bahnnetzen durchsetzt.

Verbandspräsident Gerhard J. Curth hat in seinem Antritts-Glückwunschschreiben an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt diesem ein Grundsatzgespräch zur Optimierung der Bahnreform angeboten. Dass die Bahn inzwischen das Stiefkind unter den Verkehrmitteln geworden ist, zeigt die Bevorzugung des Fernbusverkehrs. Curth will deutlich machen, dass es nicht angehen kann, dass ein Verkehrsträger unter kostenloser Nutzung von Bundesverkehrswegen Busreisen zu unverhältnismäßigen Dumpingpreisen anbieten kann, während die Bahnkunden auf den Bundesschienenwegen mit Ihrer Fahrkarte auch noch die Streckenmaut mitbezahlen müssen.

Es wäre noch Einiges festzustellen. Kurzum – die Bahnreform ist noch kein Meisterwerk.

(DBV und IGEB Fernverkehr, 15.12.2013) Der Fahrplanwechsel im Fernverkehr brachte den Bahnkunden wieder einige wichtige Detailverbesserungen; hervorzuheben ist hier insbesondere das Integrationsmodell in der Relation Bremen - Emden, bei dem Reisende InterCity-Züge nun auch mit Nahverkehrstickets nutzen können.

Bedingt durch den inakzeptablen und peinlichen Ablauf bei der Auslieferung bzw. der Inbetriebnahme der bereits im Dezember 2008 (!) bestellten 17 neuen ICE-Mehrsystemzüge (VELARO D) der Baureihe 407 steht das Fernverkehrsangebot leider auch in 2014 vor dem Problem von vermeidbaren Kapazitätsengpässen. Angesichts der mittlerweile boomenden Fernbuskonkurrenz können diese Rahmenbedingungen nicht zufrieden stellen. Im Dezember 2010 hatte die Deutsche Bahn bei Bombardier Transportation desweiteren 135 IC-Doppelstockwagen mit Fernverkehrskomfort sowie 27 Lokomotiven der Baureihe 146.2 im Wert von rund 360 Millionen EURO bestellt. Wegen der auch bei diesem Auftrag mittlerweile eingetretenen Verzögerungen bei der Fertigung und Zulassung werden die neuen Zugeinheiten statt Ende 2013 nun frühestens ab Mitte 2014 zum Einsatz kommen.


 

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