(MDR info, 16.12.2015) Von Ronny Arnold

Was passiert eigentlich mit Eisenbahntrassen, wenn die Deutsche Bahn sie nicht mehr so recht braucht? Häufig kümmern sich Eisenbahnliebhaber, meist in kleinen Vereinen organisiert, um den Erhalt der alten Strecken. In Westsachsen und Ostthüringen tut dies etwa der Förderverein "Friedrich List". Doch es gibt Probleme, berichtet Vereinsmitglied Tobias Holzmüller und hat dazu folgende Frage: "Wir wollen wissen, wie es nächstes Jahr mit der Strecke weitergeht. Dürfen wir weiter darauf fahren oder wird da ein Radweg gebaut?" Unser Reporter hat Antworten gesucht.

Ein Wochenende im September an der Landesgrenze zwischen Sachsen und Thüringen. Mitten im Werdauer Wald, zwischen Zwickau und Gera gelegen, feiert der Eisenbahnförderverein "Friedrich List" sein Streckenfest. Die Passagiere sitzen auf einer dampfbetriebenen Draisine und einem umgebauten Trabi für die Schiene. Damit geht es über die Dörfer, von Werdau nach Langenbernsdorf, weiter bis Trünzig und zurück. Vorbei an verfallenen Bahnhäuschen und alten Signalanlagen. Eröffnet wurde der Abschnitt 1876, auf 30 Kilometern zwischen Werdau und Weida. Zu DDR-Zeiten wurde hier etwa Uran transportiert. Im Jahr 2000 legte die Deutsche Bahn die Strecke still.

Seitdem verfällt sie - und seitdem kämpft der Verein für den Erhalt sowie eine langfristige Nutzung, erzählt Lutz Lochau, der Fahrer der extra angemieteten Dampfdraisine: "Das ist derzeit etwas aus der Mode, aber das muss ja so nicht bleiben. Das sind ja Nebenbahnen, die zu einem Hauptnetz dazu gehören. Irgendwo pfeifen schnelle Züge lang und dann ist nichts mehr drum rum, das geht ja auch nicht."

Eigentumsverhältnisse sind oft schwierig

Draisinen-Fahrten sind hier überhaupt noch möglich, weil die DRE, die Deutsche Regionaleisenbahn als Kooperationspartner, die Strecke jahrelang dem Verein zur Nutzung überlassen hat. Die DRE ist ein eigenständiges Unternehmen, welches deutschlandweit kleinere, regionale Strecken pachtet, meist von der Deutschen Bahn. Abgelegene Abschnitte sollen so erhalten und teilweise wieder genutzt werden. Doch rund um Werdau ist damit nun Schluss, so Jochen Reitstätter von der DRE: "Für die Deutsche Regionaleisenbahn ist es Fakt, dass wir die Strecke zurückgeben werden. Der Pachtvertrag ist abgelaufen und die Strecke wird bis Ende des Jahres auch wirklich übergeben. Dafür ist der Vorgang für diese Strecke für uns erst einmal abgeschlossen."

Der Verein müsste dann direkt mit der Deutschen Bahn verhandeln. Momentan ist allerdings nicht einmal klar, ob der Streckenabschnitt noch der DB gehört oder bereits weiterverkauft wurde. Die Bahn will dazu kein Interview geben, teilt lediglich schriftlich mit: "...aufgrund einiger in Klärung befindlicher Fragen und aus Gründen des Vertrags- und Datenschutzes werden wir uns derzeit zu diesem Sachverhalt nicht äußern."

Die Bahn hält sich zurück

Im Verein befürchten sie nun, dass schon bald die Schienen entfernt werden könnten und auf der Trasse ein Radweg gebaut wird. Bestätigen will das niemand, weder die DB noch eine mit dem Umbau in Verbindung gebrachte Firma, die ähnliche Projekte schon durchgeführt hat und anderenorts Schienen entfernen ließ. Mehrere Anrufe und Emails von MDR INFO bei dieser Firma blieben unbeantwortet.

Dem Verein helfen soll nun der Denkmalschutz, was allerdings direkt zum nächsten Problem führt: 2014 wurden Teile der Strecke tatsächlich unter Schutz gestellt, allerdings nur in Sachsen. Begründung: die Eisenbahnbauten sowie Anlagen sind bedeutsam für die Wirtschaftsgeschichte der Region. In Thüringen sieht man das anders, erklärt Holger Reinhardt vom Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie: "Bei der Begehung wurde festgestellt, dass an dieser Eisenbahnstrecke 'Werdauer Waldeisenbahn', zumindest im Thüringer Teil, keine denkmalrelevante Substanz mehr da ist. Das heißt, dass sie im Vergleich zu anderen Strecken in Thüringen einfach nicht mehr die Kriterien eines Kulturdenkmals erfüllt."

Die Zukunft der Strecke steht somit in den Sternen. Doch der Eisenbahnförderverein "Friedrich List" will weiter kämpfen, damit die Fahrten im Herbst nicht die letzten durch den Werdauer Wald waren. 

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